Themenmonat 03 Internationales

März - Internationales

Weltoffener Campus

Ob Bologna, Prag oder Paris – schon bei der Entstehung der ersten Universitäten Europas wurde der Anspruch formuliert, die Gesamtheit aller Wissenschaften abzubilden (universitas = das Ganze). Nicht zuletzt dieser bahnbrechende Ansatz macht aus Universitäten internationale Anziehungspunkte. Bereits im Mittelalter kommen Studierende aus allen Teilen Europas zusammen. Auch heute begegnen sich an Hochschulen Studierende aus aller Welt – der internationale Anspruch ist ungebrochen, die Tendenz stetig steigend - auch hier in Kassel.

 

Mensa goes international

Die Welt hat so viele fantastische Rezepte und so viele kulinarische Spezialitäten zu bieten - kein Wunder also, dass auf einem weltoffenen Campus auch die Mensa-Speisepläne international ausgerichtet sind. Selbst während der Pandemie und ganz besonders im Themenmonat Internationales gehören exotische Gewürze einfach dazu. Die zurzeit geöffneten Einrichtungen Zentralmensa und Mensa Heinrich-Plett-Straße bringen auch jetzt die globale Vielfalt auf die Teller. Im Video zeigt das Zentralmensa-Team, wie ein international geprägter Speiseplan entsteht und umgesetzt wird. Vom Wälzen der Kochbücher übers Bestellen der Lebensmittel bis hin zum Anrichten der Speisen. Finden Sie nicht auch, dass man die duftenden Gewürze beinahe riechen kann?

Yazan erzählt...

von seinem Weg, als internationaler Student nach Deutschland zu kommen.

Angefangen mit der Entscheidung, mit 17 Jahren seine Heimat zu verlassen und im Ausland zu studieren, über die Herausforderung, ein Visum zu beantragen, die Eröffnung eines Sperrkontos, die Bewerbung an der Uni Kassel bis hin zum Wohnheimantrag. 18 Monate später zieht er dann endlich mit einem Visum und einem Studienplatz in der Tasche nach Deutschland.

Yazan studiert Informatik an der Universität Kassel und ist Tutor für die Wohnheime Moritzstraße und Mönchebergstraße in Kassel.

Interview mit Mike Pillardy, Sozialberater im Studierendenwerk

Wieviel Prozent derjenigen, die die Sozialberatung aufsuchen, sind internationale Studierende?
Da die Beratung anonym ist, kann ich das nicht genau sagen, schätzungsweise sind es jedoch 30 bis 40 Prozent. Das kann ich von den Themen ableiten, mit denen die Studierenden zu uns kommen. Häufig findet die Beratung auch auf Englisch statt.

Welche Themen und Probleme beschäftigen die internationalen Studierenden?
Im Grunde geben wir Hilfestellungen, um das Studium in Deutschland erfolgreich abzuschließen. Es ist beachtlich, dass etwa 45 Prozent der internationalen Studierenden ihr Studium abbrechen.

Was sind die Gründe dafür?
An erster Stelle seien hier Sprachbarrieren genannt: Wenn ich die Studiensprache nicht gut genug beherrsche, kann ich mein Studium nicht erfolgreich verfolgen. Aber Probleme mit der Sprache führen natürlich auch zu sozialer Isolation. Viele machen sich auch Sorgen um ihre Familien in der Heimat oder haben schlichtweg Heimweh. Wir sind da froh, dass wir auf die Angebote des International Offices der Uni Kassel verweisen können. Die Tutorenprogramme für Bewohnerinnen und Bewohner unserer Wohnheime sind natürlich auch eine große Hilfe.
Leider sind auch viele internationale Studierende einem Alltagsrassismus ausgesetzt – seit Corona stellen wir vermehrt eine Xenophobie gegenüber asiatischen Studierenden fest.
Dann geht es sehr häufig um Finanzierungsprobleme: Internationale Studierende fallen aus dem sozialem Netz raus, da ihr Visum ja generell an einen Finanzierungsnachweis gekoppelt ist – damit sind sie von Sozialleistungen ausgeschlossen.

Wie können Sie da helfen?
Wir geben Hinweise bei der Jobsuche oder weisen auf rechtliche Rahmenbedingungen wie die Arbeitsbegrenzung von 120 ganzen Tagen im Jahr hin. Das Beratungsgespräch kann auch insofern helfen, über Ausbeutung aufzuklären und davor zu schützen. Außerdem beraten wir zu Möglichkeiten der Studienfinanzierung durch Kredite, Stipendien und ähnliche Programme.
Darüber hinaus verfügen wir über ein gutes Netzwerk sowohl intern als auch extern: Bei arbeitsrechtlichen Problemen verweisen wir an unsere Rechtsberatung. Wenn ich merke, dass sich ein psychisches Problem manifestiert hat, verweise ich an unsere Psychologische Beratungsstelle. Unser externes Netzwerk besteht unter anderem aus Kontakten zur Stadt, zur Ausländerbehörde oder zur Wohngeldstelle. An der Uni arbeiten wir mit dem AStA, dem Career Service oder der Evangelischen und Katholischen Studierendengemeinde sowie dem International Office im AKIS (Arbeitskreis Internationale Studierende) zusammen.

Wer kann die Sozialberatung in Anspruch nehmen?
Alle eingeschriebenen Studierenden sowie Studieninteressierte der Universität Kassel.

Wie erfahren die Studierenden von ihrer Beratung?
Wir haben Informationen auf unserer Website und hoffen auch auf Dozentinnen und Dozenten als Multiplikatoren. Häufig wurden schon internationale Studierende über Seminare oder ähnliche Veranstaltungen zu uns geschickt, weil dort die Isolation oder andere Probleme aufgefallen sind. Und natürlich kommen auch Studierende zu uns, die durch andere Studierende, Freundinnen oder Freunde von uns gehört haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mike Pillardy betreut die Abteilung Sozial- und Studienfinanzierungsberatung gemeinsam mit seinen Kolleginnen Concetta Mugavero (Sozialberaterin) und Anja Sajonz (Studienfinanzierungsberaterin).
www.studierendenwerk-kassel.de/beratung/sozialberatung/

Die Ursprünge in Witzenhausen

Das Studierendenwerk Kassel sieht sich seit seiner Gründung 1971 als Sozialwerk für alle, auch die ausländischen Hochschulangehörigen. Doch die internationalen Wurzeln der damaligen Gesamthochschule Kassel reichen viel weiter zurück und eine davon findet sich in Witzenhausen. Hier wurde 1899 in den Gebäuden eines ehemaligen Wilhelmiten-Klosters die „Deutsche Kolonialschule“ gegründet, mit dem Ziel, Tropenlandwirte als „Entwicklungshelfer“ für die damaligen deutschen Kolonien auszubilden. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde aus der Kolonialschule die Ingenieurschule für Tropenlandwirte, welche sich 1970 mit der Gesamthochschule Kassel zusammenschloss und immer mehr Studierende aus Afrika und Asien in die nordhessische Kleinstadt zog. Damals wie heute war die Suche nach bezahlbarem Wohnraum eine Kernfrage für viele von ihnen. So verwaltete das Studierendenwerk Kassel bereits ab 1973 das erste Wohnheim in Witzenhausen und baute 1980 ein weiteres.

Wo soll Erasmus wohnen?

Angeregt durch die Förderung der Europäischen Union schließt das Studierendenwerk Kassel 1980 eine Partnerschaft mit dem in Angers, Frankreich. Mit dem 1987 gegründeten europäischen Erasmus-Austauschprogramm kommen vermehrt Studierende aus dem europäischen Ausland nach Kassel. Zum Wintersemester 1993/94 sind auf diesem Weg schon 184 Studierende in Kassel – Tendenz steigend. Ein großer Teil von ihnen kommt aus Frankreich, Großbritannien und Italien.

Die Nachfrage bringt neue Herausforderungen: Wo sollen die Austauschstudentinnen und -studenten wohnen? In der Regel bleiben sie nur ein bis zwei Semester. Hier kommt das Studierendenwerk ins Spiel. Mit der damaligen Gesamthochschule Kassel, der IHK und der Handwerkskammer ruft es 1995 das Projekt Europahaus ins Leben. Dabei handelt es sich um eine Studierendenwohnanlage am größten Campus Holländischer Platz. In 32 Appartements kommen insbesondere Studierende aus dem europäischen Ausland unter. Im Erdgeschoss bieten Gemeinschaftsräume Platz für Informations- oder Kulturveranstaltungen sowie für die Freizeitgestaltung. Mit dem Erstbezug des Wohnheims im Oktober 1996 wird hier auch der erste Wohnheimtutor aktiv. Auch in den inzwischen 26 Studierendenwohnheimen galt von Anfang an der Grundsatz, ein Drittel der Wohnheimzimmer an internationale Studierende zu vermieten – heute sind über 50 Prozent der Plätze an internationale Studierende aus über 60 Nationen der Welt vergeben.

Das International House

Der globalisierte akademische Kontext bringt nicht nur Austauschstudierende nach Kassel, sondern auch Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Auch sie suchen adäquaten Wohnraum auf Zeit. Um diesen Bedarf zu decken, baut das Studierendenwerk mit Zuschüssen des Bundes und Landes Hessen, Spenden und Krediten das „International House“, das Gästehaus für die Universität Kassel. Seit dem Wintersemester 2000/2001 wohnen hier Gastdozentinnen und Gastdozenten aus dem Ausland. Das International Office der Kasseler Hochschule richtet hier Clubabende aus und schafft so im Rahmen von Konzerten, Vorträgen und Festen Orte zur Begegnung der Kulturen.

Internationale Vernetzung und kulturelles Angebot

Das Studierendenwerk nimmt die zunehmende Diversität ab 2001 zum Anlass, jetzt auch flächendeckend Studierenden in seinen Wohnheimen studentische Ansprechpersonen vor Ort anzubieten. Tutorinnen und Tutoren, meist selbst internationale Studierende, sind für ihre Nachbarinnen und Nachbarn in den Wohnheimen da, bemühen sich um Neuankömmlinge und sorgen dafür, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bei gemeinsamen Freizeit-Aktivitäten leichter in Kontakt kommen. Der Einstieg in der neuen Stadt wird so einfacher.

Das Programm ist derart erfolgreich, dass das Studierendenwerk 2004 einen eigenen Treffpunkt nicht nur für Studierende einrichtet: den CampusClub. 2015 zieht der CampusClub in das neu errichtete Max Kade Haus, dessen Bau durch Spenden der Max Kade Stiftung unterstützt wurde. Die Stiftung steht unter dem Motto „Freundschaft säen, wo Feindschaft entstanden war“ – und fördert die Begegnung zwischen Studierenden über Ländergrenzen hinweg. https://max-kade-haus.de/

Ein weiterer kultureller Austausch wird 2013 in Kooperation mit dem International Office der Universität Kassel ins Leben gerufen: Zwei Mal im Jahr laden Studierendenwerk und Welcome Centre der Universität beim International Dinner zur kulinarischen Weltreise ein, bei der Studierende köstliche Gerichte aus ihrer Heimat anbieten. International geht es auch in Mensen und Cafeterien zu - die Speisepläne bringen die globale Vielfalt auf die Teller. 2010 wird das Café International eröffnet - ein Kooperationsprojekt mit dem internationalen Sprachenzentrum.

CampusClub - für Studierende aus aller Welt

Nette Leute, Musik, Karaoke, Kickern oder einfach ein gemütliches Zusammensein mit Studierenden aus aller Welt - das ist der CampusClub des Studierendenwerks. Ehrenamtliche Tutoren bereiten im Auftrag des Studierendenwerks und in bester Zusammenarbeit mit dem Welcome Centre des International Office der Universität Kassel die interkulturellen CampusClub-Abende vor. Tutor Christoph stellt den CampusClub im Video vor.

Die Internationalisierung schreitet voran

Auch in anderen Arbeitsfeldern des Studierendenwerks ist die Globalisierung sichtbar. So sind gut 30 Prozent der Studentinnen und Studenten, die die Sozialberatung aufsuchen, internationale Studierende. In den Kitas haben viele Kinder internationale Wurzeln - im Hopla-Kinderhaus sind es knapp 70 Prozent, bei studykidscare sogar 89 Prozent.
Seit etwa 2012 bemüht sich das Studierendenwerk intensiv darum, bei allen Dienstleistungen auch nicht deutschsprachige Studierende zu berücksichtigen. Die meisten Dokumente, Anträge, Schilder, Speisepläne und Aushänge sind in Englisch und Deutsch verfügbar.
Das Studierendenwerk berücksichtigt mit besonderen Beratungsangeboten die Bedürfnisse von Studierenden aus aller Welt, schafft Wohnraum, sorgt für kulinarische Vielfalt – und unterstützt so den internationalen Anspruch der Universität Kassel.